Treffen am Lagerfeuer

Stephan A. Vogelskamp ist Geschäfts­führerder Bergischen Struktur- und Wirtschafts­förderungs­­gesellschaft und plädiert für neue Räume, in denen sich Menschen zukünftig begegnen können.

Herr Vogelskamp, wie gut funktioniert die Generationenkommunikation im Städtedreieck?
Vogelskamp: Es gibt noch viel zu tun. Sowohl in den Städten als auch städteübergreifend gibt es eine soziale Spaltung. Das gegenseitige Verständnis schwindet immer mehr. Das liegt zum Beispiel daran, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird. Es gibt viele erfolgreiche Unternehmer, aber auch eine steigende Zahl an Menschen in Bedarfsgemeinschaften. Da findet kaum noch ein Austausch statt. Und die junge Generation orientiert sich zunehmend in Richtung Köln und Düsseldorf. Das schwächt die Entwicklung einer neuen Identität. Und ohne die wird es schwer, eine gemeinsame Zukunftsvision zu gestalten.

Wo sehen Sie gute Kommunikation? Wo gibt es noch Probleme?
Die Alte Feuerwache in Wuppertal ist für mich ein Beispiel für einen gelungenen Austausch. Das ist inzwischen eine echte Institution, wenn es darum geht, Brücken zu bauen. Schwierig finde ich die Situation im Bereich der beruflichen Bildung. Hier müssen wir schnell moderner werden. Meiner Meinung nach brauchen wir auch städteübergreifende Zusammenarbeit, wenn es darum geht, zentrale Ausbildungsangebote zu schaffen. Dieser Bereich ist mittlerweile so anspruchsvoll, dass das alte System mit vielen kleinen Einrichtungen nicht mehr funktioniert. 

Welche Herausforderungen sehen Sie noch?
Die sozialen Medien klauen uns immer mehr Zeit und schaffen neue Kleinstgruppen, die sich dem allgemeinen Diskurs entziehen. Das ist eine Atomisierung des gesellschaftlichen Lebens. Das Internet hat in dieser Hinsicht leider nicht zur Teilhabe und Vernetzung aller beigetragen. 

Wir brauchen neue ­Gelegenheiten, um anlasslos zusammen­zukommen.

Stephan A. Vogelskamp

Wie können wir neue Brücken im täglichen Leben bauen?
Wir brauchen neue gesellschaftliche Lagerfeuer. Früher war es ganz normal, dass sich verschiedenste Menschen zu bestimmten Anlässen wie Sportveranstaltungen oder auf dem klassischen Sommerfest trafen und miteinander in Kontakt kamen. Ohne Anmeldung, ohne Verabredung. Man war einfach da. Oder man hat mit drei Generationen zusammen Tagesschau geguckt. Das gibt es alles so nicht mehr. Wir brauchen neue Gelegenheiten, um anlasslos zusammenzukommen. Eine neue Art Plattform. Institutionen wie die Bergische Gesellschaft können dafür die Rahmenbedingungen schaffen. 

Woran erkennt man gelungene Kommunikation?
Wenn man abends nach Hause kommt und eine neue Perspektive kennengelernt hat. Vielleicht, weil man mit jemandem gesprochen hat, der anders tickt. Das klappt, wenn es ein gemeinsames Erleben gibt. Oder wenn ein junger Mann und eine Rentnerin sich sachlich über das Thema Smart Mobility austauschen. Das habe ich bei einer unserer Veranstaltungen der Reihe Living Labs erlebt. Ich finde auch die WSW Cabs eine gutes Beispiel für Räume, die gemeinsam erlebt werden. Die brauchen wir für eine lebendige Kommunikation.

Wie oft kommunizieren Sie grenzübergreifend?
Berufsbedingt sehr oft. Wir sind ja eine Crossover-Institution und müssen immer wieder die unterschiedlichsten Menschen an einen Tisch bekommen. Privat suche ich mir bewusst Gelegenheiten, um mal über den eigenen Tellerrand zu schauen. In Solingen gibt es zum Beispiel eine große portugiesische Kulturszene und es gibt eine sehr lebendige Hockeykultur. Ich versuche möglichst oft, verschiedene solcher Veranstaltungen zu besuchen. 

Wie sieht die beste gemeinsame Zukunft aus?
Ich wünsche mir, dass wir jedes Kind dazu bekommen, sich als Teil einer bürgerlichen Gemeinschaft wahrzunehmen. Und wir müssen endlich aufhören, Talente zu ignorieren. Es gibt noch so viele Ressourcen bei Menschen, die wir nicht aktiv fördern. Das ist nicht nur sozial ungerecht, sondern schlicht doof. Letztlich kann jeder Mensch irgendetwas, wir müssen nur herausfinden, was es ist. Die Welt ist viel größer als das, was man selbst sieht. 

Herr Vogelskamp, vielen Dank für das ­Gespräch.

Interviewer: Marc Freudenhammer
Foto: Süleyman Kayaalp

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